Rundbrief vom 8. Juni 2021

Liebe Benutzer von TIM und Lino,

in Krisenzeiten ist es wichtig, die positiven Dinge nicht zu vergessen. Insofern wird es höchste Zeit, dass ich Ihnen noch mal was von TIM und Lino erzähle. Kurzfassung: Rumma & Ko hat ein nachhaltiges Geschäftsmodell, TIM versetzt uns immer noch wieder in Staunen und Lino ist bedächtig auf seinem Weg zu einem zukunftsweisenden Vorzeigeprojekt.

TIM bewährt sich weiterhin als zuverlässiges und reifes Produkt, das quasi wartungsfrei läuft. Aber weil die Welt nicht stillsteht, kommen doch immer wieder kleinere und größere Anfragen rein, die wir natürlich prompt bearbeiten. Auch ich selbst benutze TIM noch weiterhin für unsere Buchhaltung. Dank TIM habe ich vor einigen Wochen nur knapp drei Stunden gebraucht, um den Jahresbericht 2020 von Rumma & Ko zu erstellen. Mehrere TIM-Benutzer warten seit Jahren darauf, um als Beta-Tester von TIM auf Lino umzusteigen. Ich danke für eure Geduld. Schon zwei Jahre lang will Rumma & Ko eigentlich mit gutem Vorbild vorangehen und unsere eigene Buchhaltung nach Lino zu migrieren. Und immer noch sind wir mit TIM dran!? Das hat zwei Gründe: (1) TIM funktioniert so gut und (2) Lino wächst so langsam.

Lino ist eine Nummer komplexer als TIM, weil es einen Web-Server braucht. Je größer ein Projekt wird, desto langsamer scheint es zu wachsen. Sicherlich haben Sie schon mal von Slow Food oder von Slow Journalism gehört. In Anlehnung an diese Begriffe bezeichne ich Lino als “Slow Software Development”. Das ist kein “Perfektionismus, der alles immer noch länger reifen lassen will”, sondern eine Prioritätenfrage: nachhaltiges Wachstum ist mir eben wichtiger als schnelles Wachstum.

Vor einem Jahr hatte ich ja unsere beiden Entwickler Tonis und Hamza in die Welt geschickt, um ein Zeichen zu setzen: Ich will nicht zur großen Firma werden, die ein Produkt “entwickelt hat” und nun “besitzt” und vom Verkauf der “Nutzungsrechte” lebt, sondern ich will, dass Lino auch von anderen Softwareentwicklern genutzt werden kann, um Dienstleistungen anzubieten.

Aber der Mensch denkt, und Gott lenkt. Schon im Oktober 2020 kam Hannes hinzu, von dem ich ja schon berichtet habe. Wie froh war ich, dass ich nicht alleine war, als einige Monate später, im März 2021, ein Datenzentrum von OVH in Straßburg verbrannte! Da waren wir nämlich mitbetroffen und haben einige Wochen lang Arbeit gehabt. Wir haben viel dabei gelernt und sind dankbar für diese Lektion.

Die nächste Überraschung kam im April und ich habe sie Ihnen noch gar nicht erzählt: wir haben jetzt wieder einen zweiten Entwickler im Team. Ende Februar meldete sich ein junger Mann aus Bangladesh bei mir. Das war einfach mal wieder ein Volltreffer des Schicksals. Ich konnte der Versuchung, ihm für ein paar Monate den Lebensunterhalt zu garantieren, nicht wiederstehen. Seine erste Übung bestand darin, Lino nach Bengalisch zu übersetzen. Inzwischen arbeitet er am React-Front-End und wir dürfen hoffen, dass die Bedienung von Lino für Neueinsteiger bald intuitiver wird. Und weil Lebensunterhalt in Bangladesh relativ günstig ist, passt das sogar noch in unser Budget hinein.

Rumma & Ko hat also wieder drei vollzeitbeschäftigte Experten, und zwar diesmal ohne Reserven aufzubrauchen. Wir freuen uns auf die nächsten Kunden, aber wir haben keine neuen Kunden nötig. Das ist für mich ein wichtiger Unterschied.

Ende Januar hatte ich ja recht optimistisch unser neues Angebot Lino-Lösungen für die Kleinen angekündigt. Bisher hat sich darauf noch niemand gemeldet. Wahrscheinlich ist die Pandemie der Hauptgrund für diese Ruhe. (In schweren Zeiten ist es normal, dass die Menschen unbekanntes Neuland meiden.) Aber ich sage Ihnen was: ich bin froh drüber (nicht über die Pandemie, sondern über die Ruhe). Denn gerade deshalb konnte Lino in den letzten Monaten viele Fortschritte machen. Wir nutzen die Zeit der Isolierung, um an der Optimierung und Weiterentwicklung von Lino zu arbeiten.

Ich habe in den vergangenen Monaten viel an der Lino-Webseite gearbeitet, deren Ziel darin besteht, anderen Leuten zu erklären was Lino ist. Es gibt jetzt auch ein allgemeines Benutzerhandbuch. Dokumentation ist und bleibt eine Herausforderung für mich. Nicht weil ich nicht wüsste, was ich sagen will, sondern weil ich nicht weiß wo ich anfangen soll. Lino hat etwas von einer Hydra: wenn man einen Kopf abschlägt, wachsen sieben neue nach. (Anders als die Hydra ist Lino freilich kein Monster, das es zu töten gilt, sondern eine Vision, die ins rechte Licht gerückt werden will). Aber ich arbeite mit unermüdlichem Eifer daran und erlebe viele Fortschritte. Die Übersetzung nach Deutsch und Französisch werde ich wohl erst machen, wenn ich mit der englischen Fassung zufrieden bin.

Lino ist schwer zu verkaufen, weil wir nun mal große Konkurrenten haben. Die Kalenderfunktion wird -natürlich- mit der von Google verglichen, die Bedienbarkeit mit der von Facebook, die Vertriebsarbeit mit der von SAP. Dass das eine eine Mietwohnung und das andere ein Eigenheim ist, ist schwer zu vermitteln. So gesehen könnte man leicht verzeifeln. Unser Vorteil ist jedoch das 80:20-Prinzip: Lino-Benutzer begnügen sich mit den 80% Bedienerfreundlichkeit, die mit 20% des Aufwands zu kriegen sind. Als Gegenleistung haben sie eine Software, bei der sie selber mitreden.

Souveränität über eine Softwareanwendung. Das ist der Urgrund von Lino. Lino macht keinen Sinn, wenn man die Vision, Software als Gemeingut zu behandeln, nicht versteht. Diese Vision ist weder neu noch von mir. Sie findet unter anderem auf Ebene der EU hohe Beachtung (sh. z.B. Richtlinien zum Aufbau nachhaltiger Open-Source-Gemeinschaften). Das zeigt, dass Lino auf der richtigen Schiene ist, nur eben bisher ohne den Verwaltungsapparat, der für einen Durchbruch nötig wäre. Solange ich da bin, funktioniert es auch so. Hoffen wir, dass sich in den kommenden 10 Jahren eine nachhaltige Trägerorganisation aufbaut, bei der alle profitieren.

Zum Abschluss noch ein Foto von Lino in Bengalischer Sprache:

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Danke fürs Lesen und Weitererzählen. Sorry dass es mal wieder lang geworden ist. Aber bedenken Sie, dass ich mindestens drei Arbeitstage investiert habe, um Ihnen auf 10 Minuten Lesezeit das Wichtigste zu sagen :-)

Unser Team wünscht Ihnen einen schönen Sommer sowie privaten und geschäftlichen Erfolg.

Luc Saffre, Ly Rumma, Hannes Liivat und Sharif Mehedi